„Unter Helikopter-Eltern (…) versteht man
populärsprachlich überfürsorgliche Eltern, die sich (wie ein Beobachtungs-Hubschrauber) ständig in der Nähe
ihrer Kinder aufhalten, um diese zu überwachen und zu behüten. Ihr Erziehungsstil ist geprägt von (zum
Teil zwanghafter oder paranoider) Überbehütung und
exzessiver Einmischung in die Angelegenheiten des Kindes oder des
Heranwachsenden.“
(aus
Wikipedia)
Lehrer,
Sekretärinnen (und ausnahmsweise hier auch die Mitglieder von Schulleitungen)
leiden an sehr häufigen Kontakten mit einer Elternspezies, welche mit Argusaugen jegliches schulische Geschehen
überwacht und auf allfällige „Ungerechtigkeiten“ scannt. Selbstredend werden im
häuslichen Ranking die fachlichen und pädagogischen Leistungen des schulischen
Personals täglich upgedatet und speziell so genannte „Horrorgeschichten“
(natürlich aus Schülersicht erzählt) penibel festgehalten.
So
ist man bei irgendwelchen schulischen Eingriffen negativer Art (Ermahnungen,
Sanktionen, schlechten Noten oder gar dem Nichtbestehen von Prüfungen oder des
Vorrückens) bestens präpariert. Obwohl die Wahl der jeweiligen Schule oft genug
freiwillig erfolgte, wird nun festgestellt, dass selbige sowieso „einen ganz schlechten Ruf“ habe und ein
derartig unpädagogisches Vorgehen ja zu erwarten war. Unverzüglich kommt es zum
Missbrauch des Telefons, um auf der Stelle eine Rücknahme der Entscheidung zu
fordern – und zwar sofort höheren Orts,
also zumindest beim Chef, wenn nicht gleich bei der Schulaufsichtsbehörde. Die
Bitte, dies doch zunächst mit der betreffenden Lehrkraft zu besprechen, wird –
wie auf Kreuzfahrtschiffen – mit der böswilligen Verweigerung des Upgradings
noch übler attackiert – da will man dann schon, wie sonst auch, die
Außenbordkabine mit Balkon…
Typisch
für derartige Eltern ist, dass man die Schule als Dienstleister versteht, welcher das erstrebte Produkt gefälligst in
hoher Qualität zu liefern habe: Gefragt ist da allerdings nicht die Bildung,
sondern der entsprechende Abschluss,
um Sohnemann oder Tochterfrau den standesgemäßen gesellschaftlichen Aufstieg zu
garantieren. Das „Kleingedruckte“ im Vertrag, welches im Gegenzug gewisse
Leistungen sowie ein adäquates Verhalten des Schülers verlangt, wird völlig ignoriert.
Wenn schon daheim die Kinder nicht spuren, dann wenigstens das
Bildungsinstitut!
Inhaltlich (hier ein hartes
Wort) ist es übrigens nebensächlich, ob man der Schule einen Verstoß gegen
Vorschriften anlastet oder nicht. Im ersten Fall wird gerne der Familienanwalt
ins Feld geführt, um entsprechende Rechtsmittel einzulegen und den Widerpart
seinerseits zur Abfassung seitenlanger Schriftsätze zu zwingen. Kann man
dagegen bei schlechtestem Willen keinen Paragrafen finden, macht man der
Bildungseinrichtung genau das zum Vorwurf: Dort werde eben in niedrigster
Beamtenmentalität „stur nach Vorschrift“
verfahren – ohne jegliches Feingefühl, keinerlei Eingehen auf die „speziellen Probleme“, welche ja den
Sprössling so einzigartig machten.
Nach
Möglichkeit sucht man sich dann noch andere Eltern, um gemeinsam via
Leserbriefen in der Lokalzeitung oder per Shitstorm im Internet die „skandalösen Zustände“ anzuprangern. Der
Präsident des Deutschen Lehrerverbands,
Josef
Kraus (Buchautor zu diesem Thema) schätzt den Anteil dieser Population
an den Gymnasien auf 10 bis 15 Prozent – als Mehrheit zwar (noch) nicht
tauglich, doch für eine Rufschädigung allemal ausreichend.
Interessant und
leider sehr zutreffend sind in diesem Zusammenhang die
Erkenntnisse des
Kinder- und Jugendpsychiaters Dr. Michael Winterhoff
(„Warum unsere Kinder Tyrannen werden“, Goldmann Verlag
München).
Er sieht hier die Beziehungsstörung der „Symbiose“: Den Wegfall der
Wahrnehmung des Kindes als eigene Person, indem dessen Psyche mit der des
Erwachsenen verschmilzt. Damit wird es sozusagen zum „Körperteil“ der Eltern, welcher gar nichts mehr „falsch“ machen
kann. Als Ursache führt Winterhoff an, dass diese sich bereits gegenüber
Kleinkindern nicht „abgegrenzt“ (also
als eigenständige Persönlichkeit) verhalten, so dass ihr Nachwuchs den
Unterschied zwischen Menschen und leblosen
Gegenständen (z.B.
einem Stuhl, den man einfach umwerfen kann, ohne dass er sich wehrt) nicht
erlernt. Jeder „Angriff“ auf das Kind ist also einer gegen dessen Eltern! Eine
Notlösung tut sich daher auf, wenn die Defizite des Schülers nicht mehr
wegzudiskutieren sind: Dann sei er halt „krank“ und müsse mit einer Diagnose
wie ADHS belegt werden…
Das Tragische an
dieser Einstellung ist ja die Vernichtung
des Vertrauens, das zu jeder Art von Erziehung und Bildung gehört: Wird
einem Kind die Schule als etwas hingestellt, vor dem man sich in Acht nehmen
muss, werden Lehrer als Bedrohung seiner „freien
Entwicklung“ beschrieben, so entstehen Schüler, denen nichts mehr gefällt,
weil sie sich nichts gefallen lassen sollen. Bei den Lehrkräften hingegen wird
die berühmte „Schere im Kopf“ etabliert: Ja nichts sagen, was irgendwie zum
Vorwurf dienen könnte, alle Handlungen stets auf ihre „Gerichtsfestigkeit“ abklopfen. Erziehung aber erfordert
Spontaneität, Emotionen und „Bauchgefühl“ – alles Dinge, welche nicht in
Paragrafen zu subsummieren sind.
Was also tun, um sich
von Querulanten nicht den letzten Rest an pädagogischem Instinkt abdressieren
zu lassen? Als Rat möchte ich eine Regel aus dem amerikanischen Bestseller „House of God“ zitieren, mit der sich
angehende Ärzte (sitzen ebenfalls zwischen Baum und Borke) gegenseitig
ermutigen: „Der Patient ist derjenige, welcher krank ist.“ Soll heißen:
Sie sind die Fachkraft, welche schulische Erziehung und Bildung nach bestem
Gewissen (und oft sogar auf der Basis eines Beamteneids) zu organisieren hat.
Und die „Helikopter-Eltern“? Trotz allem gilt für sie ein goldener Satz aus der
Fliegerei: „Runter kommen sie immer.“ Sollen sie Quatsch beantragen – ein
Skandal wäre es erst, wenn sie ihn bekämen!
Und es gibt ja noch Schlimmeres:
Eltern, deren Hubschrauber in der häuslichen Garage verstaubt und die ihn erst
für den Flug zur Schule anwerfen…
„Guten Tag liebe Eltern,
hinter dieser Tür
werden Ihre Fragen nur beantwortet, wenn Sie glaubhaft versichern können, dass
·
Sie Ihrem hier studierenden Kind heute Morgen die
Kleidungsstücke zurechtgelegt haben, die es gerade trägt.
·
Sie ihm eine
Frühstücksdose mit gesundem Inhalt in den Rucksack gepackt haben.
·
Sie ihm beim
Verlassen des Hauses den Reißverschluss an der Jacke zugezogen haben.
·
Sie mindestens noch
30 Sekunden an der Haustür oder am Küchenfenster verfolgt haben, dass es auf
dem Weg zur Universität nicht bummelt.“
(Hinweis der Verwaltung der Uni
Duisburg-Essen, 2013; zitiert nach Wikipedia)
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