Wieder
einmal eine Nachricht, bei der ich das Glück ermessen kann, seit 8 Jahren nicht
mehr in dem Bereich arbeiten zu müssen, den man euphemistisch als „Bildungssystem“
bezeichnet:
Am
letzten Donnerstag (25.7.19) fand am Gymnasium Starnberg das alljährliche Fest
zum Schulschluss statt, zu dem Schüler, Ehemalige, Eltern, Lehrkräfte und
Freunde der Schule eingeladen waren. Ebenfalls wie in den letzten Jahren lief
am Gehsteig vor der Schule eine Sause von schulfremden Jugendlichen, die ja
keinen Einlass erhielten, dafür aber wohl den Alkohol, den es auf der
Schulveranstaltung nicht gab.
Einen
dort anwesenden 15-Jährigen stach nicht nur der Hafer, sondern auch
diverse Suchtmittel, als er versuchte, auf das Schulgelände zu gelangen.
Dies verhinderten von der Schule engagierte Wachleute, welche der aufgeweckte
Junge dann auch noch fragte, ob er bei ihnen Drogen kaufen könne. Der junge
Mann zeigte dabei das branchenübliche Rotzlöffel-Verhalten, worauf man
die Polizei holte. Der erging es allerdings auch nicht besser – der Delinquent verhielt
sich aggressiv und ignorierte mehrere (!) Platzverweise, worauf er vorläufig
festgenommen wurde und in Polizeigewahrsam kam. Praktischerweise liegt die
Polizeiwache gegenüber der Schule.
Schon
die Sistierung des Jugendlichen versuchten mehrere Kumpane zu verhindern, wobei
einer nach dem Kopf eines Polizisten trat, den aber verfehlte. Anschließend
rotte sich eine Menge von 50 bis 100 Jugendlichen zusammen und versuchte, das
Polizeirevier zu stürmen. Flaschen und Steine flogen, eine Fensterscheibe ging
zu Bruch, man versuchte, das Polizeischild abzureißen und die Eingangstür aufzubrechen. Was die Aufrührer
anscheinend besonders empörte: Der Festgenommene hatte eine schwarze Hautfarbe –
purer Rassismus also!
Zirka
70 (!) Beamte aus den umliegenden Landkreisen wurden zusammengezogen, denen es
schließlich gelang, die Situation in den Griff zu bekommen. Es gab mehrere
Festnahmen. Inzwischen ermittelt eine Sonderkommission der Kriminalpolizei
wegen Landfriedensbruchs, versuchter Gefangenenbefreiung, Angriffs auf
Vollstreckungsbeamte und versuchter gefährlicher Körperverletzung.
Ach
ja: Der 15-jährige Auslöser der Randale bekam plötzlich Kopfschmerzen, weswegen man ihn ins Krankenhaus einlieferte (dort sind die Betten bequemer) und am nächsten Tag seinen Eltern übergab.
Umgehend
beeilte sich natürlich das Gymnasium (nebst Elternbeirat und Stadtverwaltung),
die Verantwortung von der Schule wegzuschieben. In einer gemeinsamen
Presseerklärung heißt es unter anderem:
„Es
ist uns wichtig festzustellen, dass das Schulfest ohne Probleme und harmonisch
abgelaufen ist. Schwierigkeiten gab es allerdings bei einer privaten
Parallelfeier außerhalb des Schulgeländes im öffentlichen Raum. (…)
Es
ist uns wichtig festzustellen, dass weder das Sommerfest des Gymnasiums noch
ein Schüler unseres Gymnasiums Anlass für die Eskalation war.
Heute
Morgen haben bereits viele Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums den Vorfall
sehr bedauert und dies in einem Schreiben an die Polizei zum Ausdruck gebracht.
Sie sprechen sich in dem Schreiben ganz im Sinne unserer Schulvereinbarung
sowie des Schulprojekts ‚Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage‘ gegen jede
Gewalt gegenüber der Polizei aus und machen klar, dass sie hinter der Arbeit
der Polizei stehen und sie unterstützen.
Um
einer Wiederholung solcher Ereignisse präventiv entgegen zu treten, wird das
Gymnasium das Zusammenwirken mit der Polizei suchen, um diese problembehafteten
Parallelfeiern im öffentlichen Raum direkt in Schulnähe künftig zu verhindern.“
Ach
– siehe da: jetzt auf einmal…
Ein
Insider hat natürlich eine ungefähre Ahnung, wie die Chose lief. Das
grundliegende Übel dürfte gewesen sein: Bei der Schulfeier musste man sich
benehmen, draußen nicht – und nur dort gab es Alkohol (vielleicht sogar
Schlimmeres). Wenn man nicht völlig weltfremd und außerhalb des heutigen
Bildungssystems beheimatet ist, ahnt man den regen Personalaustausch zwischen
beiden Fest-Schauplätzen.
Die
Szenerie muss man sich ja auf der Zunge zergehen lassen: Hier der Schulbereich,
wo man strengen Sitten und Gebräuchen frönt, einige Meter davor ein besoffener
Feier-Mob, und auf der anderen Seite der Straße das Polizeirevier. Und diese
Gemengelage kümmerte von den Verantwortlichen seit Jahren keinen – am besten nichts hören,
nichts sagen, nichts sehen… Wer dort feiere, wisse man nicht, so der Direktor
des Gymnasiums. Ich hätte da einen Tipp für ihn: einfach mal rausgehen und
fragen!
Das
ist in Promi-Paradiesen wie Starnberg aber nicht die beste Überlebens-Strategie,
vor allem auch für Schulleiter. Irgendwelchen Restriktionen (beispielsweise das
Verbot für Schüler, an der Feier draußen teilzunehmen) wären bei den Nobel-Eltern
wohl katastrophal angekommen. Gerade für Chefarzt-Söhnchen und
Rechtsanwalts-Töchterlein ist ja das entstressende und uferlose Ausleben der
Libido ein Menschenrecht!
Vielleicht
ist es übertrieben, wenn die Münchner Ausgabe der BILD-Zeitung titelte: „Schnösel-Mob
greift Polizeiwache an“. Als Satire jedenfalls finde ich die Zeile traumhaft.
Sicher
ist jedoch: Man hätte das drohende Ungemach erkennen können, wenn man dies
gewollt hätte. Aber offenbar gelten heute volle Hosen als pädagogische
Grundkompetenz. „Schule mit Courage" – ein guter Witz!
Und
das Problem liegt ja noch tiefer: Anscheinend hat man sich heute damit
abgefunden, dass Schüler nach den letzten Prüfungen jedes weitere Lernangebot
torpedieren. Also wird schon mindestens zwei Wochen vor den Zeugnissen auf
Festivitäten gesetzt, um den Mob wenigstens noch mit Quizspielen und Waffelbacken in Schach zu
halten. Noch schlimmer: Pharisäerhaft wird Solches mit Etiketten wie „Gemeinschaftsbildung“
kaschiert.
Muss
die Höhere Schule nun unbedingt in Konkurrenz mit den Wirtshäusern treten? Den
Lehramtsstudenten jedenfalls sei dringend empfohlen, nebenher noch eine Lehre
in der Gastronomie zu absolvieren: Das korrekte Anzapfen eines Bierfasses oder
die sachgemäße Zubereitung einer Sauce Hollandaise könnte sich im Berufsalltag
als nützlicher erweisen als das öde Faktenlernen in zwei wissenschaftlichen
Fächern.
Warum
zum Schulschluss eines Gymnasiums nicht einmal eine Festivität, welche dem
angeblichen Bildungsanspruch gerecht wird – vielleicht ein Kammerkonzert oder
eine griechische Tragödie (in der Originalsprache)? Eines jedenfalls sage ich
voraus: Da würde draußen auf dem Bürgersteig dann sicher nicht gesoffen und randaliert!
Weitere
Quellen:
https://theworldnews.net/de-news/starnberg-schuler-mob-attackiert-polizei-ermittler-haben-erste-videos-von-zeugen-erhalten