Zu
Beginn der großen Ferien bekomme ich wieder diverse Jahresberichte der Schulen (als Pensionist auch den meiner
früheren) zu Gesicht. In deren vorderem Teil ist oft jeder Klasse eine
Doppelseite mit Namensliste plus Foto
gewidmet. Häufig ist da auch der Klassenleiter (oder der Kollege, welcher
gerade unterrichtete) zu sehen – oder besser gesagt: Ich finde ihn nach
längerem Suchen. Erstens hat die Lehrkraft sich in die letzte Reihe verkrümelt,
und vor allem ist sie (nicht nur wegen des jugendlichen Alters) kaum von den
Schülern unterscheidbar. Warum? Nun, in Körperhaltung und Kleidung weicht
sie höchstens nach unten von den Kids ab!
Stellen
Sie sich einmal vor, in einer Fernsehsendung
würde ein Prominenter angekündigt.
Der Moderator gibt eine kurze Einführung – und dann schwenkt die Kamera zum
Auftrittsplatz – Licht aus, Spot an, vielleicht gibt es sogar eine Showtreppe,
auf welcher sich die Lichtgestalt aufs Niveau der Zuschauer herunterbegeben kann,
eine kurze Intro-Musik inklusive. Sicherlich ist der Gast besonders chic
gekleidet, wobei es je nach dem angestrebten Image die Bandbreite zwischen
edel-abgewetzt und Maßanzug oder –kostüm gibt. Die Körperhaltung der
Berühmtheit ist aufrecht, aber relaxed, Gestik und Mimik gestaltet er
freundlich-einladend. Sofort nimmt er Blickkontakt mit dem Publikum auf und
begrüßt per Handschlag, fallweise sogar Bussi-Bussi-Umarmung, den Showmaster
und eventuell weitere Gäste, wonach ihm ein bequemer, exponierter Sitzplatz
angeboten wird. Im anschließenden Smalltalk wird deutlich, dass sich der Stargast
schon sehr häufig überlegt hat, welche Formulierungen beim Publikum ankommen –
und genau die setzt er in deutlicher Ausdrucksweise und fehlerfreier Sprache
gut betont um.
Als
Kontrast dürfen Sie sich nun einen (Jung)lehrer
vorstellen, welcher sich zu Schuljahresbeginn in schlabbriger Cargo-Jeans und
ausgebleichtem T-Shirt zu seinem ersten „Auftritt“ vor seiner neuen Klasse begibt. Der Rucksack auf
seinen Schultern dürfte, eventuell mit der zusätzlich transportierten schweren
Tasche, für die nötige gebeugte Körperhaltung sorgen, und im Klassenzimmer ist
für die in Sitzplänen „Pult“ genannte Person sicherlich kein Ehrenplatz
reserviert. Mühsam darf man öfters erst die Schülerbänke nach hinten rücken lassen,
auf dass hinter dem Lehrertresen ein Minimum an Spielfläche bleibe. Das Ganze
komplettiert wird im Idealfall noch mit einem gesenkten Blick des Pädagogen,
einer abwehrenden Mimik, Schutzgestik (Arme vor dem Körper) sowie einer
nuscheligen, mit vielen „Ähs“ und Übersprungshandlungen versehenen Begrüßung.
Die Botschaft einer solchen Performance dürfte nicht auf „A star is born“ hinauslaufen – eher lautet die Unterschrift: „Der Lakai steht bereit“.
Das
Schlimmste ist, dass sich ein solcher Eindruck bereits in den ersten 30 Sekunden breitmacht: Nach
einer alten Regel im „Showbiz“ hat man nur diese Zeit, das Publikum zu gewinnen
oder gar nicht erst zu interessieren. Bedenken Sie auch, dass mindestens zwei
Drittel aller Informationen über die optische Schiene laufen! Bevor unser
Fernsehstar oder die arme Lehrkraft ihren Mund zum ersten Mal öffnet, ist das
meiste bereits klar. Lehrertypisch ist leider die gegenteilige Einstellung: Man
glaubt an die „Kraft des Wortes“, was früher oder später zum Gejammer führt: „Ich kann es denen so oft sagen wie ich
will, sie halten sich nicht dran.“ Na eben! Wenn beim „Vorbild“ die Akustik
so wichtig wäre, hieße es „Vorwort“…
Aus
meinem Berufsleben weiß ich, wie schwer es ist, Kollegen von der Wichtigkeit
der eigenen Performance zu
überzeugen, ihnen klarzumachen, dass sie Unterrichtsinhalte erst dann
erfolgreich „über die Rampe“ bringen können, wenn die Rolle des „Stars“ geklärt
ist. „Es geht doch nicht um mich“, „Eitelkeit liegt mir nicht“ oder „Ich will mich nicht künstlich von meinen
Schülern absetzen“ sind häufige Argumente. Ich stehe hier unbeirrbar zum
Gegenteil: Wenn Sie keinen Gefallen an Selbstdarstellung finden, nicht gerne im
Mittelpunkt stehen und die Rolle des „Alpha-Tiers“
genießen, sollten Sie sich für den Höheren Bibliotheksdienst bewerben. Das
menschliche Sozialverhalten unterscheidet sich wenig von den anderen Primaten –
daher ist es mir unverständlich, warum man Lehrerfortbildungen nicht vor dem
Paviangehege eines Zoos veranstaltet. Aber nein - lieber lässt man sich in einem müffelnden
Seminarraum zur 183. erfolglosen Methodik-Variante belabern…
In
meinem Buch „Der bitterböse
Lehrer-Retter“ finden Sie eine „Checkliste fürs Alpha-Tier“, die
ich Ihnen hier in leicht geänderter Fassung anbiete:
Ein Alpha-Tier
- zeigt mentale und körperliche Überlegenheit (aufrechte Haltung, frontale Position, Kopf hoch, Schultern runter, Brust raus, Arme und Hände nicht vor dem Körper)
- lässt keine Verkrampfungen zu (aggressive oder defensive Spannung), sondern wirkt locker und „cool“
- verfügt über eine feste, angenehme, nicht angestrengt klingende Stimme, spricht langsam und deutlich, moduliert situationsbezogen den Tonfall, lässt sich nicht unterbrechen, sondern unterbricht höchstens andere
- setzt die Mimik, vor allem den Blickkontakt, deutlich sowie gezielt ein
- vermeidet unnötige und widersprüchliche Gestik
- hat ein herausgehobenes Äußeres (Kleidung, Frisur, Arbeitsutensilien)
- verrichtet keine niederen Arbeiten (z.B. Tragen schwerer Lasten)
- achtet auf deutliche Individualdistanz und besetzt ein großes Revier mit klaren Abgrenzungen
- beobachtet sein Umfeld genau, reagiert ruhig und beherrscht, lässt sich weder provozieren noch mit Terminen und Zeitabläufen unter Druck setzen
- nimmt niemals Angriffe auf seine Ranghöhe hin, führt die Kämpfe aber stets mit Einzelnen, nicht der ganzen Gruppe
- setzt auf die rangsteigernde Wirkung von Alter und Erfahrung
- entscheidet schnell und sicher; relativiert oder korrigiert hinterher offiziell nichts, was als Ascheregen auf seinem Haupt landen könnte
- erniedrigt seine Position nicht freiwillig durch „Gleichheits-Mimikry“
- wirkt eigenständig, beruft sich nicht auf Ranghöhere
Nun
müssen Sie ja nicht das ganze Anforderungsspektrum auf einmal erfüllen (sonst macht man Sie in Kürze gar noch zum
Schulleiter, Ministerialbeamten oder zu noch Schlimmerem…) Achten Sie jede
Woche auf einen Aspekt mehr – Sie werden staunen, wie stark sich das Verhalten
Ihrer Schüler schon nach kurzer Zeit verändert!
Fazit: Streben Sie im
Schuldienst den Status des „Silberrückens“ an!
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