Da ich dessen Chancen beurteilen sollte, durfte ich mich mit der Sache beschäftigen:
Nun
könnte man der Ansicht sein, als über 60-Jähriger gehöre man schon
aus Altersgründen zur Corona-Risiko-Fraktion. Nach der
aktuellen Statistik der Robert Koch-Instituts steigt die Zahl der Todesfälle an oder mit dem Virus an der
60-er Grenze sprunghaft.
Zahl
der Todesfälle in Deutschland:
50-59
Jahre.: 327
60-69
Jahre: 884
d.h.
Anstieg um das 2,7-fache!
Wer
unsere Schulbehörden kennt, ahnt
schon: Das reicht bei weitem nicht!
Zwar
ist zunächst unter Punkt 1 von Lehrkräften die Rede, welche „aufgrund von Schwangerschaft oder bzw.
gesundheitlicher Disposition nicht im Präsenzunterricht eingesetzt werden
können“. Als alter Obergefreiter ahnt man aber: Das dicke Ende kommt nach –
hier unter Ziffer 2 und 3.
Dann also zu Punkt 2:
„Grundsätzlich“,
so lesen wir zunächst mit Erstaunen, werde man durch „das Einhalten des Mindestabstands von 1,50 Metern zu den Schülerinnen
und Schülern sowie anderen Personen geschützt“. Ja, das kann nur
jemand auf die realen Verhältnisse an den Schulen beziehen, der schon viele
Jahre nicht mehr an einer solchen war. Aber hierfür steht in Kultusministerien
genügend Personal bereit.
Tröstlich
ist jedoch:
„Gleichwohl kann in
Einzelfällen in Abhängigkeit vom Vorliegen individueller Risikofaktoren der Bedarf
bestehen, dem individuellen Schutzbedürfnis von Lehrkräften und sonstigem
Personal mit besonderen Maßnahmen zu begegnen.“
Merke
aber: Eine wohl etwas großzügigere Regelung für Lehrkräfte über 60 wird nicht
fortgesetzt. Und: Auch eine Schwerbehinderung
allein ist kein Grund, dem Präsenzunterricht zu entgehen.
Aber
es kommt noch dicker:
Die Gefährdung einer Lehrkraft, „die aufgrund ihrer persönlichen Disposition ein erhöhtes Risiko für
einen schweren Verlauf einer Covid-19-Erkrankung trägt“, hat diese
natürlich schon mal selber nachzuweisen. Verlangt wird „eine individuelle Risikofaktorenbewertung“ durch die behandelnden
Ärzte, welche „Vorschläge zu unterbreiten
haben, mit welchen Mitteln dieser (Schutzbedürftigkeit) im Rahmen eines Einsatzes im
Präsenzunterricht Rechnung getragen werden könnte.“
Wenn
ich es also bis dahin richtig lese: Am Präsenzunterricht
führt kaum ein Weg vorbei, die Mediziner sollen nur „unterbreiten", wie man den Lehrer
in diesem Rahmen vorm Schlimmsten bewahren könnte. Und klar – Ärzte sind Experten auf dem Gebiet von Schulorganisation und Unterrichtsgestaltung…
Da
zu einer richtigen Satire auch ein
Schuss Zynismus gehört, wird noch
angemerkt: Die Lehrer könnten sich ja bei Bedarf noch mit „FFP2-Masken (ohne Ausatemventil)“ sowie einem „Visier“ eindecken – wohl auf eigene
Kosten. Tja, früher, im Krieg, bekam man vom Staat wenigstens noch die Waffen
gestellt…
Welche
Erleichterungen sind für betroffene
Kollegen sonst noch denkbar? Auch darüber hat man sich im Kultusministerium Gedanken gemacht:
Die
Lehrkraft könne ja „zeitlich versetzt zu den Schülerinnen und Schülern den Raum“
betreten und verlassen sowie „auf das
Betreten des Lehrerzimmers“ verzichten. Jawoll, das habe ich in meiner
aktiven Dienstzeit schon ohne Corona versucht – nur muss einem dann halt die
Schule den Vertretungsplan und die
übrigen dienstlichen Bekanntmachungen
elektronisch zusenden sowie den Inhalt des Postfachs
(in desinfiziertem Umschlag) gelegentlich zuschicken…
Ach
ja, und auch Pausenaufsichten sowie Konferenzen könne man eventuell
schwänzen. Ein Lichtblick!
Und
wenn’s denn gar nicht geht? Nun, dann müsse die Lehrkraft eben eine ärztliche Bescheinigung darüber
vorlegen. Wie oft diese als ausreichend bewertet wird, kann man sich nach
dem ganzen Vorlauf denken… Man beachte aber: Die gilt längstens 3 Monate, dann
muss eine neue her! Sicher – schwere Systemerkrankungen wie Herzschwäche,
Lungenkrankheiten, Immunschwäche oder Krebs treten ja bekanntlich eher saisonal auf…
Was
man sich staatlicherseits von dem
Ganzen erwartet, wird unter Punkt 4 auch
offen zugegeben: Die Zahl der „nicht im
Präsenzunterricht eingesetzten Lehrkräfte“ werde „deutlich zurückgehen“. Das ist ja Sinn und Zweck dieser Anordnung.
Mir
fiel bei der Lektüre dieser Dienstanweisung eine Formulierung ein, von der mir
mein Vater erzählte. Als das teure
Vaterland Soldaten brauchte – und es
leider durch die Verluste immer weniger davon gab, wurde die Musterung allmählich zur Formsache: Man
nahm jeden, der nicht bei Drei auf dem Baum war. Nach kurzer Ansicht des
nackerten Kandidaten schnarrte der Stabsarzt: „KV, der Nächste!“ KV,
also „kriegsverwendungsfähig“ war praktisch jeder.
Ich
gestehe, sehr froh zu sein, mich solchen Musterungen – ob früher oder heute –
nicht aussetzen zu müssen. Wobei – schrecklicher Gedanke – man vielleicht
bei weiterem Personalmangel auf uns Pensionisten zurückgreift? War ja gegen
Ende des letzten Krieges auch so…
Nein,
da bin ich wild entschlossen: Dem Gestellungsbefehl
zum „pädagogischen Volkssturm“
würde ich mich durch Flucht entziehen!
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