Sorry – immer wieder machte ich
einen Bogen um die Tastatur, da mir jedes Mal nur einfiel: „Was bin ich froh, nicht mehr in diesem Laden arbeiten zu müssen!“ Der
klägliche Rest war Zynismus in ähnlicher Preislage…
Aber da mir inzwischen doch einige
Gedanken
mehr kamen und die Krise nun
anscheinend den absteigenden Ast besetzt:
Was ich in erster Linie rasend
amüsant finde: Dass unser Bildungswesen nun ausgerechnet von einer Gefahr
bedroht wird, der man vor allem mit Hygiene begegnen müsste. Kein Zweifel: Der liebe Gott muss
Humor haben!
Dass der durchschnittliche
Deutsche von dem Thema eher wenig hält, habe ich bereits an anderer Stelle dargelegt:
Nach einer Studie waschen sich hierzulande 27 Prozent nach dem Toilettenbesuch die Hände nur mit Wasser, nicht mit Seife, 7 Prozent gar nicht. Auf den Schülerklos dürften es deutlich mehr sein –
zumal dort oft nur Wasser vorhanden ist. Und Handtücher, gar saubere? Die Frage
kann nur jemand stellen, der in den letzten 50 Jahren keine Schule mehr von
innen gesehen hat!
http://milongafuehrer.blogspot.com/2020/02/tango-und-coronavirus.html
http://milongafuehrer.blogspot.com/2020/02/tango-und-coronavirus.html
Ich weiß nicht, wie oft ich in
meinen Büchern und Artikeln darauf hingewiesen habe, dass man in unserer
Kulturnation die Schulen versiffen und vermüllen lässt. Persönlich durfte ich erleben, wie man es in
wenigen Jahren fertigbrachte, ein neu gebautes Gymnasium in dieser Hinsicht
herunterzuwirtschaften. (Nur bei der Inspektion der Aufsichtsbehörde roch es
einen Mittag lang nach frischer Farbe…)
Alarmiert hat das kaum jemand. Das
liegt nicht nur am fehlenden Interesse der Schulträger, mal einige Zehntausend Euro in die Hand zu nehmen,
um die schulischen Latrinen und andere Gebäudeteile von Entwicklungsländern
unterscheidbar zu gestalten.
Oder wieder fest angestellte eigene Reinigungskräfte anstatt kirgisischer Putzkolonnen einzusetzen, die
den Dreck vornehmlich von einer Ecke in die andere kehren. Beim Spargelanbau ist man ja auch nicht weiter – nur, dass es sich
dabei um ein Naturprodukt handelt, welches man vor dem Verzehr abkocht.
Mindestens ebenso schlimm finde
ich es, dass man halt im Lande der Katheder jahrein, jahraus davon schwobelt,
die Schüler zu Ordnung und Sauberkeit zu erziehen (ich verwende extra diese Begriffe,
damit man sich genügend darüber empören kann). Nur findet bei der
durchschnittlichen Lehrkraft auf den hundert Metern vom Lehrer- ins
Klassenzimmer die Metamorphose von pädagogischer Konsequenz zu jämmerlichem
Kneifertum statt. Und in den klassenfernen Büros derer, welche meinen, die
Schule zu leiten, ist die Sache eh mit einem Rundschreiben erledigt.
Daher überrascht es mich auch
nicht, nun in den Medien Chefs zu erleben, welche sich offenbar erst kurz vor der
Wiedereröffnung ihrer Einrichtung mit dem Gedanken befassen, die Schüler könnten dereinst zurückkehren. Ja, was soll man denn jetzt machen – und zudem
fehlten noch die genauen Anweisungen vom Ministerium… Ja, das ist die Penne,
wie ich sie kannte und liebe – es ist zum Heulen!
Das alles hat nicht nur den
Grund, dass selbstständig denkende, selbstbewusste Individualisten selten den Weg von der Uni zurück zur Penne
einschlagen: Sie wissen ja, wie es dort zugeht. Unselbstständige Schwarmintelligenzler dagegen zieht es dorthin – aus demselben Grund.
Vor allem aber ist Konsequenz im Reich der Wissensvermittlung der Karriere nicht förderlich. Wenn Sie Fehlverhalten ohne Wenn
und Aber sanktionieren, fühlen Sie sich bald wie ein Dissident im früheren deutschen Arbeiter- und Bauernstaat:
Ihr Tun und Lassen wird akribisch überwacht sowie ideologisch eingeordnet, und immer öfter landen Sie beim
Verhör. So bleibt der Dreck halt weiterhin in der Ecke liegen – auch im
übertragenen Sinne.
Infektionsschutz vor Corona? Unser Bildungssystem darf sich glücklich schätzen,
bislang nicht von einer Typhusepidemie heimgesucht worden zu sein! Dass ich das Folgende noch
erleben darf, verdanke ich der Pandemie: Angeblich nun Seife, Einmalhandtücher und Desinfektionsmittel auf jedem Schülerklo – na, schau’n wir mal, wie
lange. Irgendwer müsste das nämlich gelegentlich nachfüllen…
Das gilt ebenso für die Verhaltensweisen zur Infektionsverhütung: Die wären ja mit Konsequenz und notfalls Sanktionen längerfristig durchzusetzen.
Das gilt ebenso für die Verhaltensweisen zur Infektionsverhütung: Die wären ja mit Konsequenz und notfalls Sanktionen längerfristig durchzusetzen.
Insgesamt sicher ein Lichtblick: Deutschland wird hygienischer. Ich hoffe, unsere Medizin-Statistiker, welche uns derzeit mit geschätzten R-Werten,
Lebenserwartungen und Todesraten bei Laune halten, rechnen auch irgendwann mal
aus, wie viele andere Infektionskrankheiten dank Corona-Maßnahmen in der nächsten Zeit
zurückgehen werden. Bei den Hospitalkeimen jedenfalls gäbe es noch Luft nach unten!
Nun singen wir also das Loblied
der digitalen
Bildung – wobei manche Sänger leider
nicht zur Probe erscheinen: Nach einer Umfrage gibt nur die Hälfte der deutschen Schulmitarbeiter an, praktisch alle Schüler elektronisch zu erreichen – 22 Prozent konnten ein Viertel und mehr auf diese
Weise nicht kontaktieren (Quelle: web.de). Damit schneidet Deutschland
schlechter ab als Österreich und die Schweiz – und das liegt vor allem an der
mangelnden technischen Ausstattung. Dass man damit gerade die sozial schwachen Schülerinnen und Schüler benachteiligt, bestätigt halt
eine langjährige Tradition unseres heimischen Bildungssystems.
Ansonsten würde es mich nicht
schrecken, die Schulen nicht jeden Werktag gänzlich füllen zu können: Endlich
würde das elende Gezerre in den Hintergrund treten, im Unterricht eine
halbwegs störungsfreie Atmosphäre zu erreichen. Praktiker dürften ahnen, welcher Anteil
an Bildungs-Zeit tagtäglich allein dafür draufgeht! Und im Klassenzimmer könnte
man notorische
Störer endlich anderthalb Meter
auseinander setzen, ohne sich sofort die nächste Elternbeschwerde einzuhandeln. Nicht Pädagogik – Corona macht’s möglich!
Apropos: Das Bombardement aus dem
Helikopter dürfte auch
deshalb abnehmen, weil die werten Erzeuger und/oder angeheiratet
Erziehungsberechtigten endlich einmal merken, welche Nervensägen sie oft der
Gesellschaft aufdrängen. Ja, Home Office mit zwei „kleinen Terroristen“ kann auf den Geist
gehen. Ich darf nur versichern: Analoges School Office mit bis zu 30 solcher Exemplare ist auch nicht vergnügungssteuerpflichtig!
Und ja – die Damen und Herren Abiturienten dürfen sich nun ziemlich eigenständig auf das
vorbereiten, was man früher „Reifeprüfung“ nannte. Für Volljährige natürlich eine Zumutung, sich einmal auch selber um
ihre berufliche Zukunft zu kümmern – gar so selbstständig wollte man nun doch nicht sein… Und man muss ja
auch noch den Stoff nachholen, den man durch Schwänzerei versäumt hat.
Immerhin: Die Freitage hat man ja nun mangels Klima-Demo wieder zur
Verfügung.
Und gar ein Abitur ohne Feiern, Bälle, Wasserbomben, Schaumtorten,
Besäufnisse und Fahrten zum Ballermann – stattdessen nur die Ablegung einer
Prüfung, welche einem mehr Karrieremöglichkeiten
eröffnet als ein sonstiges schulisches Examen! Wie armselig und nur mit
dem „Not-Abitur“ in Kriegszeiten zu vergleichen! Ein Trost wenigstens: Der nächtliche HJ-Dienst
am Flakgeschütz bleibt einem erspart.
Vielleicht – und das wäre meine Hoffnung – erkennt man in diesen Zeiten den gigantischen Nutzen, den Schule hat (oder hätte): Unser Gemeinwesen finanziert
zu diesem Zweck immerhin eine Dreiviertelmillion Lehrkräfte. Ich meine, das verpflichtet diejenigen, welche weitgehend
kostenlos von diesem Service profitieren, zur Kooperation, zu eigenen
Anstrengungen. Bildung ist alles andere als wertlos – man macht sie aber dazu,
indem man sie oft geradezu verachtet.
Auf diese Weise hätte man
tatsächlich etwas gelernt: in der Corona-Schule.
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