„Und
die meisten Toggenburger fanden:
Endlich hätten sie das Stück verstanden.“
Endlich hätten sie das Stück verstanden.“
(Erich
Kästner: Hamlets Geist)
Mit
der Kultur in unserer Kreisstadt Pfaffenhofen an der Ilm ist das so eine Sache:
Als Transporteur ästhetischer Anliegen kommt dort nur zu Wort oder Tat, wer von
einem Trust kommunaler Juroren für würdig befunden wird.
Der
ortsansässige Autor Steffen Kopetzky
(immerhin mit einem eigenen Wikipedia-Eintrag) hat das Glück, als städtischer
Kulturreferent sowohl Bestimmer als auch Auserwählter zu sein.
Daher
werden seine Auftritte in der Hallertauer Region von der regionalen Presse
stets ausgiebig gewürdigt. Ein Kritiker des „Pfaffenhofener
Kuriers“ hat die sich einzustellende Begeisterung über das neuste Schaffen
des Meisters in Worte gekleidet, welche mir heute schon zum Frühstück via
Lachanfall den ganzen Tag verschönten. Wohl unbeabsichtigt gelang dem Reporter
eine glitzernde Satire auf den provinziellen Kunstbetrieb.
Zur
Sache: Der Braunschweiger Kunstprofessor Wolfgang
Ellenrieder hat eine „begehbare Installation“
geschaffen, welche er „Kiosk des Glücks“
nannte. Leider passte das Dingen zwar schon vor die Münchner Pinakothek der
Moderne, jedoch nicht in die Pfaffenhofener Kunsthalle (was man durchaus
metaphorisch verstehen könnte).
Dies
hinderte den örtlichen Literatur-Doyen allerdings nicht daran, wenigstens
zum Katalog einen „Essay in drei
Schichten“ mit dem Titel „Knoten
meiner schlaflosen Nächte“ zu verfassen. Erwähnenswert scheint dem Reporter
auch, dass Kopetzky für die Gäste
lediglich zwölf Stühle herbeigeschafft hatte, sich dann aber auf Bierbänke
verlegen musste, auf dass die rund 50 Zuhörer schließlich sitzen konnten. (Nun
gut, meine Zauberauftritte bei der Pfaffenhofener Gartenschau lockten zirka 200
Zuschauer an, was der Presse nicht eine Zeile Bericht wert war…).
Kopetzky spannte wohl in
seinen Essays einen weiten Rahmen – von zufälligen Begegnungen auf einem
Literaturfestival in Indien bis zur Frage, warum man nix mehr lesen kann, wenn
man alle Buchstaben einer Geschichte übereinander druckt. Oder ob eine Erzählung noch verständlich sei, wenn sie nur aus dem Satz bestehe: „Als er aufwachte, war der Dinosaurier immer
noch da.“ Ebenfalls aus dem Mesozoikum dürfte ein bekannter jiddischer Witz
sein, den der Autor ebenfalls für mitteilenswert hielt und – da der Journalist
ihn offenbar kapierte – immerhin eine halbe Spalte der Kritik füllt.
Zeitweise
fühlte man sich angeblich auch in die „Atmosphäre
eines indischen Hotel-Bistros“ oder die „Raucherlounge
des Flughafens von Abu Dhabi“ versetzt. Auf solche Zusammenhänge muss man
erstmal kommen! Und, wie wahr und dringend nötig: „Immer wieder greift der Sprachästhet zur Semantik“. Kann man statt
„Milch“ nicht auch „Leiter“ sagen? Muss man doch mal fragen
dürfen…
Immerhin
des Autoren Gattin habe das bereits begriffen und einen Gefrierbeutel mit
Zimtschnecken als „Schinken“ beschriftet. Für den Zimt, so die abschließende
frohe Presse-Botschaft, gab es „begeisterten
Applaus“. Dies freilich lässt uns an einer Kernbotschaft des
Schriftstellers zweifeln:
„Kein
Wort ist notwendig.“
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