„Der königliche
Landgerichtsrat Alois Eschenberger war ein guter Jurist und auch sonst von
mäßigem Verstande.“
(Ludwig Thoma: Der
Vertrag)
Über
die Ereignisse des letzten Wochenendes
in Hamburg ist weiß Gott schon genügend geredet und geschrieben worden –
selbst von Leuten, welche davon etwas verstehen.
Glücklicherweise
kann ich mir daher die Empörung über den dort grassierenden Mob und die Verwüstung ganzer Stadtviertel schenken –
ebenso wie über die Arroganz und
Abgehobenheit, eine internationale Konferenz mit zirka 10000 Teilnehmern nur
wenige Steinwürfe (!) von einem Zentrum linksextremen Gedankenguts zu
veranstalten, wo sich der Senat der Freien und Hansestadt schon seit
Jahrzehnten im Ertragen von Gesetzesbrüchen übt.
Weiterhin
fällt es mir als gelerntem Sozi leicht, ein Loblied auf die Versammlungsfreiheit zu singen – diese und
andere Grundrechte sind ja im besten
Staat, den es je auf deutschem Boden gab, zumindest grundsätzlich nicht mehr strittig.
Ob
aufgeplusterte Treffen wie der G
20-Gipfel sinnvoll und zielführend sind, darf gerne bezweifelt werden – und natürlich
sah Hamburg eine Vielzahl sympathischer
und bedenkenswerter Protestaktionen.
Aber
vielleicht ist es mir in meinem Alter gestattet, Jüngere darauf hinzuweisen,
dass es Zeiten gab, in denen sich die Mächtigen nicht zu persönlichen Gesprächen trafen, sondern (wenn überhaupt) ihre
Botschafter mit der Kriegserklärung schickten.
Gar
nichts damit zu tun hat es allerdings, dass es heute für junge Leute unter dreißig insbesondere vier Möglichkeiten gibt, einen erhöhten Testosteronspiegel,
verbunden mit abgrundtiefer Dummheit sowie grenzenloser Egozentrik, auszuleben:
·
Man
kann unter fälschlicher Berufung auf Fußball-Interesse als Hooligan anderen
jungen Männern (bei deren Abwesenheit ersatzweise Polizeibeamten) die Nase
einschlagen. Die Presse bezeichnet solche Kreaturen gerne als „Fans“.
·
Eine
vorgebliche „nationale Gesinnung“ reicht als Rechtfertigung,
Asylbewerber-Unterkünfte abzufackeln. In den Medien werden solche Dummdödel
korrekt „Neonazis“ genannt.
·
Die
vorgeschobene „motorsportliche Begeisterung“ führt dazu, mit aufgemotzten
Boliden in Innenstädten wettbewerbsmäßig andere Verkehrsteilnehmer totzufahren.
Journalisten nennen solche Existenzen zutreffend „Raser“.
·
Eine
behauptete „antikapitalistische Gesinnung“ nimmt ein wohlstandsverwahrlostes,
pseudoproletarisches Gschwerl zum Anlass, ganze Stadtviertel in Schutt und
Asche zu legen. Die politisch korrekte Bezeichnung hierfür lautet „linke Aktivisten“.
Während
die anderen Betätigungen wenigstens etwas Aufwand
und Risiko beinhalten (Erwerb von Karten fürs Stadion, gesellschaftliche
Verachtung bzw. Ankauf teurer Autos), wird bei einen Wochenend-Urlaub für
Barrikaden-Rambos eine gepflegte
Infrastruktur geboten:
Organisation
der Reise, Kost, Logis und Versorgung mit Requisiten scheinen generalstabsmäßig
von lokalen und überregionalen Netzwerken organisiert zu sein – sozusagen „All inclusive“ mit „All you can throw“-Garantie
für den smarten Marodeur von heute… Dazu ein eigener Sanitätsdienst sowie
anwaltliche „Nothilfe“, falls ein selbstredend unschuldiger Junge doch einmal
festgenommen werden sollte!
Die
Rechtsanwältin Gabriele Heinecke
lässt an Staat und insbesondere Polizei kein gutes Haar: Letztere habe „Fake News“ verbreitet, „rede die Zustande herbei“ – ein Staat
allerdings (wohl im Gegensatz zu Anwälten) „darf
nicht mit Lügen arbeiten“. Auch ihr selbst ist offenbar schweres Unrecht
widerfahren: Trotz Anwaltsleibchen sei
sie bei Demonstrationen „geschubst worden“.
Die
Demonstration „Welcome to Hell“ am letzten Freitag beschreibt sie so: „Es war am Anfang eine spielerische, eine
freundliche, eine solidarische Situation“. Nachdem der „Schwarze Block“
sich bekanntlich weigerte, die Vermummungen abzunehmen, stellt sie die
Situation wie folgt dar: „Das
Versammlungsgesetz sieht vor, man darf nicht vermummt demonstrieren, aber die
waren gerade dabei, sich die Sachen abzulegen, um die es ging.“ (…) „Es war eine Orgie der Gewalt von Seiten der
Polizei.“ Erst danach seien Böller
und Flaschen geworfen worden.
Die
Schuldfrage ist für sie eindeutig: „Das polizeiliche Vorgehen zur Zeit gleicht
einem Vorgehen in einem Bürgerkrieg, gleicht dem Niederschlagen eines
Aufstands, der gar nicht da ist.“
Insgesamt
zeigt die Dame ein Rechtsverständnis,
welches eigentlich bereits das Bestehen
des Ersten Staatsexamens hätte verhindern müssen (aber eventuell gibt es ja
in Deutschland auch schon sehr spezielle juristische Fakultäten…). Ihr Satz ist
angesichts der Situation unsäglich: „Gegen
eine friedliche Demonstration darf nicht eingegriffen werden.“
Vielleicht
wenigstens ein bisschen rechtliche Nachhilfe:
Der
Artikel 8 GG lautet:
(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis
friedlich und ohne Waffen zu versammeln.
(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz
oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.
Eine solche Eingrenzung liefert das
Versammlungsgesetz, §
17a:
(2) Es ist auch verboten,
1. an derartigen Veranstaltungen in einer Aufmachung, die geeignet und den
Umständen nach darauf gerichtet ist, die Feststellung der Identität zu
verhindern, teilzunehmen oder den Weg zu derartigen Veranstaltungen in einer
solchen Aufmachung zurückzulegen,
2. bei derartigen Veranstaltungen oder auf dem Weg dorthin Gegenstände mit
sich zu führen, die geeignet und den Umständen nach dazu bestimmt sind, die
Feststellung der Identität zu verhindern.
(4) Die zuständige Behörde kann zur Durchsetzung der Verbote der Absätze 1
und 2 Anordnungen treffen. Sie kann insbesondere Personen, die diesen Verboten
zuwiderhandeln, von der Veranstaltung ausschließen.
Selbst wenn also die Klientel der Frau Anwältin „gerade dabei“ gewesen sein sollte, „sich die Sachen abzulegen“ – sie hätte ihren Mummenschanz nicht
mal mit zur Demonstration nehmen
dürfen!
Weiterhin wird immer so getan, als betrachte man eine Wirtshausrauferei, bei der die Kontrahenten sich auf Augenhöhe beharken. Nein, hier hat nur die eine Seite das Gewaltmonopol – nach ständiger Rechtsprechung des BGH gibt es kein Notwehrrecht gegen hoheitliches Handeln:
https://www.alpmann-schmidt.de/downloads/entscheidung_monat_201510.pdf
Weiterhin wird immer so getan, als betrachte man eine Wirtshausrauferei, bei der die Kontrahenten sich auf Augenhöhe beharken. Nein, hier hat nur die eine Seite das Gewaltmonopol – nach ständiger Rechtsprechung des BGH gibt es kein Notwehrrecht gegen hoheitliches Handeln:
https://www.alpmann-schmidt.de/downloads/entscheidung_monat_201510.pdf
Noch
aufschlussreicher ist jedoch, was Frau Heinecke
nicht sagt: Zu den schrecklichen Bildern des Abends dieses Tages (7.7.) findet
sie in ihrer Stellungnahme einen Tag später keinerlei Worte. Dafür aber zum
Abschluss:
„Wir brauchen
Meinungsfreiheit, wir brauchen Versammlungsfreiheit, wir brauchen keinen
Polizeistaat.“
Nach
einem Sturm der Entrüstung ist der
Herr inzwischen mit einem typischen Juristenargument zurückgerudert: Er sei
missverstanden worden. Nun, dies zeigt immerhin, dass selbst solche Leute noch
geistig erreichbar sind, wenn ihnen Zustimmung und Sympathie drastisch
wegbrechen…
Nochmal
und mit bitterem Ernst: Dies sind „Organe
der Rechtspflege“ – aber ihre pflegerische Bemühung kann sich natürlich
nicht auf Lappalien richten wie ruinierte Ladenbesitzer und kleine Leute, die
sich nun dank verschmorten Automobils überlegen müssen, wie sie zur Arbeit
kommen. Ihre Fürsorge hat sich zuvörderst auf die wahrhaft unschuldig
Verfolgten zu richten: Schließlich mussten, wie Frau Heinecke wortreich
beklagt, ihre hochmögenden Klienten zum Teil stundenlang auf den Ermittlungsrichter warten: ein eklatanter
Verstoß gegen die Menschenrechte!
Frau
Heinecke spricht von der „Polizei, die die Herrschaft in der Stadt
übernommen hat“. Wie froh wären viele Hamburger gewesen, hätte sie recht
gehabt!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Bitte geben Sie im Kommentar Ihren vollen (und wahren) Namen an und beziehen Sie sich ausschließlich auf den Inhalt des jeweiligen Artikels. Unterlassen Sie herabsetzende persönliche Angriffe, gegen wen auch immer. Beiträge, welche diesen Vorgaben nicht entsprechen, werden – ohne Löschungsvermerk – nicht hochgeladen.
Sie können mir Ihre Anmerkungen gerne auch per Mail schicken: mamuta-kg(at)web.de – ich stelle sie dann für Sie ein.