„Niemand kann zwei
Herren dienen; entweder wird er den einen hassen und den andern lieben; oder er
wird jenem anhängen und den andern verachten. Ihr könnt nicht Gott dienen und
dem Mammon.“
(Matthäus
6.24)
Was
wie ein bildungsfernes Luxusproblem
klingt, wurde nun einem Schulleiter
aus unserer Gegend (den ich sogar flüchtig kenne) zum Verhängnis: Wegen Untreue (§ 266 StGB) verurteilte ihn
ein Amtsgericht zu zehn Monaten auf Bewährung und 5000 € Geldauflage. Nachdem
sich die Berufung als aussichtslos erwies und daher das Urteil inzwischen rechtskräftig ist, wurde er nun
auch als Leiter eines Gymnasiums in unserer Region vom Dienst suspendiert – mit seiner Entfernung aus dem
Beamtenverhältnis ist zu rechnen.
Bevor
jetzt die berufsmäßigen Lehrer-Kritiker
vorschnell das Messer wetzen: Er hat die Gelder wohl nicht für sich verwendet –
vielmehr schien er nicht zu wissen, wohin damit.
Von
vorn: Der Kollege machte recht schnell Karriere, arbeitete einige Zeit am ISB
(Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung) und wurde schon mit 38
Jahren Chef eines Gymnasiums in
kirchlicher Trägerschaft. Dort trugen sich die Geschehnisse zu, welche ihm
letztlich den Hals brachen. Ob er sich deshalb nach einigen Jahren um die
Position als Schulleiter an einem staatlichen Gymnasium bewarb, wäre
verständlich, wird aber nirgends gesagt. Jedenfalls erhielt er den Posten und
schien an seiner neuen Stelle auch recht beliebt zu sein.
Jetzt
aber wurde er dort als „Gefährder des
Schulfriedens“ zum Abschuss freigegeben. „Die Abiturienten etwa wollten ihre
Zeugnisse nicht aus seiner Hand entgegennehmen.“ So viel schon mal über die Einstellung unserer
jungen Bildungselite zum Thema Resozialisierung…
Worum
ging es? An der kirchlichen Schule übernahm er von seinem Vorgänger das (an
vielen Schulen existierende) Konto für
Klassenfahrten. Bald schon hatte er den Eindruck, dieses werde von „einen Goldesel, der sich irgendwo
versteckt“, gespeist. Das Guthaben nahm ständig zu, wohl vor allem durch
Überschüsse aus dem Automatenverkauf sowie von Firmenrabatten, welche ebenfalls
auf diesem „Reptilienfonds“ eingingen.
Gleichzeitig
hatte er von der kirchlichen Schulstiftung
die Order, den Kontostand nicht über 1000 € steigen zu lassen. Und an diese
zurückzahlen durfte er den Zaster auch nicht, da jene die Einnahmen sonst hätte
versteuern müssen. (Und wie wir wissen, leben Kirchen von Steuereinnahmen und
Fördergeldern, jedoch nicht von Steuerzahlungen…) Und er dürfe mit niemandem
über dieses Problem sprechen – na klar.
Verzweifelt
versuchte der Schulleiter nun, von diesem Mammon alle möglichen guten Zwecke zu fördern – von Honoraren
und Geschenken für Referenten und zu Feiernde über die Förderung sozial
schwacher Schüler bis hin zu einem Schulbus. Häufig vergeblich, denn auch die
kirchliche Finanzbehörde schien zu viel Geld zu haben und zahlte aus eigener
Tasche.
Wie
in der Finanzwelt üblich: Der Teufel scheißt immer auf den größten Haufen – das
Konto wuchs und wuchs. Schließlich kam der junge Chef auf die Kateridee, größere Beträge in bar
abzuheben und im Tresor (oder sonstwo) zu deponieren sowie vor allem Geld auf eigenen Konten (respektive denen seiner
Söhne) zwischenzuparken.
Der
Knall erfolgte dann bei seiner Amtsübergabe:
Dem Nachfolger war die Sache wohl zu suspekt, er schlug Krach. Nunmehr war die
kirchliche Finanzverwaltung entsetzt über das monetäre Gebaren: Ob der Ex-Chef
wohl „das Geld für
Bordellbesuche ausgegeben oder eine Wohnung für eine Freundin eingerichtet habe?“
Tja, die Kirche kennt sich halt mit der
sinnvollen Verwendung von Guthaben aus… Man verlangte vom scheidenden Direktor die sofortige
Rückzahlung von 71000 €, was auch umgehend geschah.
Vorsichtshalber
riet man dem gebeutelten Schulleiter zu einer Selbstanzeige – nur zur Sicherheit, da könne nix passieren. Dessen
heutige Erkenntnis „dass
ich die erstattet habe, war der größte Blödsinn, aber ich hatte nach dem
Gespräch mit der Schulstiftung immer eine Todesangst im Nacken”, ist sowohl
wahr wie auch verspätet. Nun darf er die Zeche für ein Menü zahlen, das er
weder bestellt noch alleine verspeist hat. Dass die Staatsanwaltschaft mit dem
gleichen Eifer wie bei ihm auch die Frage der kirchlicherseits versuchten
Steuerhinterziehung prüft, dürfte im katholischen Bayern nicht zu erwarten
sein.
Ich sehe in der Geschichte drei Aspekte, die
mir aus meiner eigenen Dienstzeit sehr vertraut sind:
Ein bestimmter Kollegentypus ist hierbei besonders gefährdet – jung, intelligent,
ehrgeizig – und nicht selten aus der „Paradefachschaft“ bayerischer Gymnasien (Mathematik
und Physik) stammend. Diese Personen legen öfters einen kometenhaften Aufstieg hin, wobei allerdings Selbstkritik und
Bescheidenheit nicht im selben Maß mitwachsen. Spätestens bei der Überweisung auf eigene Konten hätte ihm
klar sein müssen, dass auch ein Schulleiter nicht alles darf.
Was meist völlig bei solchen Kollegen fehlt,
ist die Zivilcourage, sich auch
einmal gegen Zumutungen von oben zu wehren. Die Erwartungshaltung seines
kirchlichen Sachaufwandsträgers war eine solche. Warum nahm er sich nicht einen
Anwalt, um seinen vorgesetzten Stellen den Marsch zu blasen? Vielleicht hätte
dies einen Karriereknick bedeutet – aber
der ist in der Denke dieses Persönlichkeitstypus nicht vorgesehen.
Besonders skandalös finde ich die Tatsache,
dass hier das Problem „zu viel Geld“
war – und das in einer Zeit, wo es in den Schulen hinten und vorne fehlt: Da
bröckelt der Putz von den Wänden, irgendwelche Reinigungsfirmen kehren den
Dreck nur von einer Ecke in die andere (natürlich nicht im Chefbüro) und die
Toiletten erreichen Guantanamo-Level. Da aber jeder Mist über mehrere
Hierarchiestufen beim „Sachaufwandsträger“ erbeten werden muss, wachsen die
Reptilienkonten.
Ich kann mir vorstellen, dass diese Affäre in
so manchen Direktoraten für Achselnässe
sorgen wird. Recht so – nur stellt euch auf die Hinterfüße, anstatt die
Zustände demütig hinzunehmen!
Kabarettreif wirken im Nachhinein diverse Sprüche in einem Artikel zur Amtseinführung des einst beliebten
Chefs. So bekannte er selber: „Ich bin nicht
perfekt“ –
und als seine wichtigsten Bildungsziele bezeichnete er „Einfühlungsvermögen, Moral, Offenheit, Neugier und Herzensbildung“. Na gut, so knapp die Hälfte hat er ja erreicht. Und der
Schulchor sang den Titel „Fly with
me“…
Der
Ministerialbeauftragte wiederum war sich sicher, „dass auf das (Gymnasium) spannende Zeiten zukommen, die er mit großem
Interesse verfolgen“ werde.
Das
ist doch tröstlich: Wenn wir uns höhere Bildungsbeamte leisten, können wir die
Kristallkugeln einsparen!
P.S.
Nur zur Sicherheit für die Juristen leitender Bildungsinstitutionen – dieser Text
stellt lediglich die Quellenlage aus folgenden Veröffentlichungen kommentierend
zusammen:
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