Hinweis: Dieser Text bezieht sich
anfangs und vordergründig auf den argentinischen Tango, befasst sich aber
durchaus mit einem schulischen Thema!
Ich habe
schon darüber berichtet: Vor über drei Monaten versuchte ein Leser meines neuen
Tangobuches, mir (unter dem Pseudonym „Englischfan“)
per Verriss bei „Amazon“ ein wenig zu schaden:
Dass ein Autor auf eine negative Rezension dann persönlich antwortet, ja gar einen
Artikel in seinem Blog darüber schreibt, empfand der Kritikus als dreiste
Zumutung. Besonders sauer war er allerdings, als ich eine weitere Besprechung
von ihm entdeckte, nämlich zu einem Tangobuch von Michael Lavocah, in der ich folgende Zeilen fand:
„We need more (Triole und Pugliese
gibt es ja schon ;-) als Einzelbuch...). DANKE für dieses tolle Buch.“
Den ziemlich
happigen Schreibfehler kommentierte
ich wie folgt: „Unter einer Triole
versteht man musikalisch einen Notenwert, welcher in drei Drittel unterteilt
wird. Der berühmte Tangomusiker und -komponist heißt Aníbal Troilo.“
Auf solche
Anmerkungen kriege ich stets zweierlei zu hören: Erstens die übliche „Oberlehrer-Schelte“ und zweitens eine Rechtfertigung des Inhalts, dass der
Schreiber für solche orthografischen Griffe ins Klo nichts kann. So auch
hier:
„Das war echt lustig (keine gute
Deutsch, ich weiß, aber Sie sind doch eigentlich auch Bio - und Chemielehrer.
Okay ich probiere es noch mal: Triole Mist die Autokorrektur macht aus dem
korrekten Troilo immer die Triole, die man jetzt in Anführungszeichen hätte
setzen müssen.“
Ein bisschen
peinlich war dem Sprachkünstler sein Missgriff dann wohl doch: Sowohl diese als
auch die Rezension meines Buches wurden gelöscht,
und das Pseudonym „Englischfan“
gibt’s nicht mehr. Ersatzweise hat nun ein „Thomas“
ähnlichen Besprechungs-Müll produziert…
Ein noch
weiter ins Pathologische gehender Fall: Ein Tangolehrer verlangte das Geld für mein Buch zurück, da ich ihn mit
dem Kaufanreiz „betrogen“ hätte. Im weiteren Wortwechsel zog er einen
Vergleich zwischen dem „Milonga-Führer“
und Hitlers „Mein Kampf“. Zudem
attestierte er mir eine „pseudointerlektuelle
Fassade“. Das brachte selbst meine Frau so
sehr in Rage, dass sie dem Tanzpädagogen unter anderem schrieb: „Ich denke, man sollte vorsichtig sein, über
die intellektuellen Fähigkeiten anderer zu urteilen, wenn man das Wort ‚intellektuell'
selbst nicht einmal richtig zu schreiben vermag!“
Auch hier
das gleiche Reaktionsschema: „Im Übrigen zeigen Sie sich wieder mal im
Oberlehrertalar, wenn sie in einem von mir in einem klapperigen Bus mit
Smartphone-Tastatur eiligst geschriebene Rechtschreibfehler kritisieren.
Unterste Schiene!“ (Abgesehen davon eher eine schlichte Ausrede: Man hatte
wohl die lateinische Präposition „inter“
in einen falschen Zusammenhang gebracht…)
Und das sind
ja wahrhaftig keine Einzelfälle: Im Internet wird flächendeckend ein Schluderdeutsch geschrieben, welches es
nicht in sich hat – aber natürlich beanspruchen all diese Schreibtischtäter,
für voll und sogar ernst genommen zu werden…
Daher will
ich euch – ganz im Sinne des großen Lehrmeisters Tucholsky – mal was sagen:
Mir ist es sowas von wurst, ob ihr das, was ihr
für Deutsch haltet, mit dem Griffel in Marmor ritzt, auf wackligem Untergrund
in euer Smartphone zittert oder zu dämlich seid, mit der Autokorrektur-Funktion
zurechtzukommen. Es steht euch nämlich frei, eine Veröffentlichungsweise zu
wählen, mit der ihr halbwegs leserliche Sätze hinbekommt, oder euch halt als
Dummdödel zu profilieren.
Und
natürlich besteht da ein Zusammenhang
zwischen Form, Inhalt und auch persönlichem Charakter – und da verfalle ich
jetzt auf ein Zauberwort, welches ja gerade konservative Tangovertreter so
gerne im Munde führen: Respekt.
Nämlich vor dem Leser, indem man es ihm möglichst leicht macht, statt ihm
Minuten wertvoller Lebenszeit zu rauben, bis er das Smartphone-Gedüdel endlich
entziffert hat. Schon mal darüber nachgedacht?
Um die nun
sicherlich beabsichtigten Missverständnisse
ein wenig zu erschweren: Natürlich würde ich nie einen Hauptschulabsolventen
mit Ironie überschütten, wenn er in einfacher Sprache etwas veröffentlicht.
Aber das ist im Tango ja nicht das Problem: Bei den Herrschaften, welche hierzu
etwas publizieren, handelt es sich überwiegend (und auch leider) um
„G’studierte“, die im gescheit Daherreden einsame Spitze sind. Wenn so einer „Piazzolla“ dann mit einem „z“ schreibt,
ist die die satirische Fallhöhe groß genug, um sie nicht zu übergehen zu
wollen.
Und klar
unterlaufen mir auch selber Fehler.
Daher lese ich jede Mail, welche ich verschicke, mindestens dreimal vor dem
Absenden – und die Blogtexte werden von mir noch öfter per Aktualisierung korrigiert. Außerdem besitzt so
ziemlich jedes Internet-Forum eine „Edit“-Funktion,
mittels welcher man auch nachträglich noch korrigieren darf. Und man könnte
längere Texte ja auch per „Word“ verfassen (inklusive Rechtschreibprüfung) und
dann in den Kommentarkasten hineinkopieren!
Zudem habe
ich noch eine studierte Germanistin fürs Lektorat
– aber das sollte man natürlich nicht von jedem erwarten…. Und die Tatsachen-Recherche
ist ja heute per Internet einfacher denn je. Mein Prinzip ist also, mir selber mehr Arbeit zu machen, auf
dass der Leser weniger hat.
Dennoch
bleiben auch in meinen Texten sicherlich Fehler unentdeckt – aber ob man „der eine und der andere“ groß oder
klein schreibt (Letzteres trifft zu), beeinflusst ja nicht die
Verständlichkeit. Ums Schulmeistern
geht es mir wahrlich nicht!
Und apropos,
weil ich sonst dran ersticke: Das dämliche Geschwätz vom „Oberlehrer“ geht mir nicht erst heute auf den Zeiger. In meinem
Berufsleben habe ich erfahren, dass wir es gar nicht richtig machen können: Wir
sollen die Schüler möglichst effektiv qualifizieren,
dürfen allerdings möglichst keine Standards
setzen, die dann halt logischerweise manchmal unterschritten werden. Sonst
versündigen wir uns an der armen Kinderseele, die ja bekanntlich stets auf
Leistung orientiert ist. Wahrlich, wer Elternsprechstunden abhalten durfte,
weiß, dass es nicht nur bei gewissen Staatspräsidenten eine „Kultur des
Beleidigtseins“ gibt.
Und weil
sich mein anfangs zitierter Kritiker gar so wunderte, was mich als Lehrer für
Biologie und Chemie die Sprachkultur anginge: Als ich 1977 mit dem Schuldienst
begann, gab es in der Schulordnung einen bemerkenswerten Satz: Im
Mittelpunkt jedes Unterrichts steht die Pflege der deutschen Sprache. Bei irgendeiner späteren Gesetzesreform
hat man diese Feststellung dann wohl untergepflügt – ich habe mich dennoch
daran gehalten.
Einmal hat
sich einen ganze Klassenelternversammlung
gegen mich zusammengerottet, weil ich es wagte, in einer Prüfung die „Geiseltierchen“ als falsch zu bewerten:
Von selbigen Einzellern ist mir nämlich nicht bekannt, dass sie andere gefangen
nehmen – eher sorgen sie mit einer Art Propeller (mit scharfem „S“) für den nötigen
Antrieb. Und auch der Begriff „Rückenrad“
fand bei mir keine Gnade, da man das Organ, welches Beamten angeblich fehlt,
etwas anders schreibt. „Bewerten Sie auch
Rechtschreibfehler?“ Ja, wenn sie sinnentstellend sind!
Klar kann
man über all das „gnädig“ hinwegsehen. In einem Bewerbungsschreiben würden solche sprachlichen Kreationen dann
eventuell den in Aussicht stehenden Job kosten. Tut man damit seinen Schülern
einen Gefallen?
„Bewerbungssünden
Das Ergebnis: Rechtschreibung spielt
für die Personaler eine herausragende Rolle. Bei einem Drittel der
Personalverantwortlichen erhält der Bewerber schon bei mehr als einem Fehler in
der Bewerbung eine Absage. Enthält das Bewerbungsschreiben mehr als drei
Fehler, hat es nur noch bei 30% der Personaler eine Chance. Auch in der Rubrik
‚schlimmste Bewerbungssünden‘ liegen Rechtschreibfehler und eine unangemessene
Sprache ganz weit vorne. Insbesondere eine falsche Schreibung ihres Namens oder
der Firmen-Adresse stoßen bei Personalern auf Ablehnung.“
Dennoch muss
niemand befürchten, dass er für einen Kommentar oder eine Mail an mich
schlechte Noten bekommt. Wer allerdings seine Fallhöhe freiwillig
erhöht, indem er ein hohes Ross besteigt und anschließend einen faulen Apfel
fallen lässt, könnte statt im tangopolitischen Elysium als Gag auf meinem Blog
landen. Für das zugehörige Wiehern sorge ich gerne.
Und hier noch Kostproben eines wahren Experten:
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Bitte geben Sie im Kommentar Ihren vollen (und wahren) Namen an und beziehen Sie sich ausschließlich auf den Inhalt des jeweiligen Artikels. Unterlassen Sie herabsetzende persönliche Angriffe, gegen wen auch immer. Beiträge, welche diesen Vorgaben nicht entsprechen, werden – ohne Löschungsvermerk – nicht hochgeladen.
Sie können mir Ihre Anmerkungen gerne auch per Mail schicken: mamuta-kg(at)web.de – ich stelle sie dann für Sie ein.