Donnerstag, 20. August 2020

Der große Rechtschreib-Test

Nicht nur bei Debatten zum Tango stelle ich in den sozialen Medien immer wieder fest: Da wird ein Deutsch verwendet, dass es einer Sau graust! Nun gut – es gab schon immer Menschen, denen es an Bildung oder Sorgfalt mangelt. Interessant ist nur die Wertung:
Sprach man zu früheren Zeiten solche Mängel an, so erhielt man als Reaktion doch öfters ein gewisses Bedauern, ein Signal schlechten Gewissens: Ja, sorry, da sind mir Fehler unterlaufen!

Heute kann man sich in solchen Fällen darauf einstellen, dass die Schuld dem bösen Smartphone und seiner Autokorrekturfunktion zugeschoben wird. Häufig wird ein Gegenangriff gestartet, indem man mit dem „Oberlehrer-Klischee“ bedacht wird. Ich habe mehrmals darüber geschrieben:
Es ist derzeit offenbar peinlicher, es besser zu wissen, als Beweise seiner Unfähigkeit im Internet zu veröffentlichen. Ich bleibe jedoch dabei: Eine korrekte Ausdrucksweise ist für mich ein Signal der Wertschätzung des Lesers. Er soll es so einfach wie möglich haben, meine Gedankenführung zu verstehen.

Daher überprüfe ich meine Kenntnisse gerne in Rechtschreib-Tests – und stelle dabei öfters fest: Man kann immer noch dazulernen. Für meine Leser habe ich daher 20 besonders knifflige Aufgaben zusammengestellt. Viel Spaß – und die Lösungen gibt es, wie immer, am Schluss des Tests!

      
1.       Seien Sie korrekt entgeistert:
1.1 Um Himmels willen!
1.2 Um Himmels Willen!
1.3 Um Himmelswillen!
1.4 Um himmelswillen!

2.       Schöne Dinge muss man wirkungsvoll…
2.1 placieren
2.2 plazieren
2.3 platzieren

3.       Was ist nicht richtig geschrieben?
3.1 Stuss
3.2 Fuss
3.3 Guss
3.4 Verdruss

4.       Wissen Sie, welche Wörter man
4.1 … groß schreibt?
4.2 … großschreibt?
4.3 …Groß schreibt?

5.       Einen Brief beenden Sie mit der Formel
5.1 Mit freundlichen Grüßen.
5.2 Mit freundlichen Grüßen,
5.3 Mit freundlichen Grüßen!
5.4 Mit freundlichen Grüßen

6.       Nicht speziell, aber…
6.1 im Allgemeinen
6.2 im allgemeinen
6.3 imallgemeinen

7.       Die korrekte Schreibweise ist…
7.1 essentiell
7.2 essenziell
7.3 essentziell
7.4 esenziell

8.       Wir treffen uns…
8.1 Dienstag Abends
8.2 dienstagabends
8.3 Dienstagabends

9.       Viele tanzen Tango wie in den…
9.1 40er Jahren
9.2 40er-Jahren
9.3 40erjahren

10.   Die folgende Auffassung herrscht…
10.1 zur Zeit
10.2 zurzeit
10.3 zur zeit

11.   Der Kabarettist und Lehrerkollege Han’s Klaffl bezeichnet die Schreibweise seines Vornamens ironisch als
11.1 den Deppenapostrof
11.2 das Deppenapostrof
11.3 den Deppenapostroph
11.4 den Deppenapostrophen

12.   Wie schreibt sich die beliebte italienische Kaffeespezialität?
12.1 Capucino
12.2 Capuccino
12.3 Cappuccino
12.4 Cappucino

13.   Etwas rückgängig machen oder …
13.1 anullieren
13.2 annullieren
13.3 anulieren

14.   Die schnellste Gangart eines Pferdes heißt…
14.1 Galop
14.2 Galopp
14.3 Gallop
14.4 Gallopp

15.   Der Tangotanz gehört zu den schönsten…
15.1 Hobbis
15.2 Hobbies
15.3 Hobbys
15.4 Hobby‘s

16.   Ein Studienkollege oder…
16.1 Komilitone
16.2 Komillitone
16.3 Kommilitone
16.4 Kommillitone

17.   Den Kulturteil einer Zeitung nennt man
17.1 Feuileton
17.2 Feuilleton
17.3 Feuiletton
17.4 Feuillton

18.   Die Zeichensetzung bemerkte sie kann einen ganz schön zur Verzweiflung bringen
Welche und wie viele Satzzeichen fehlen hier?

19.   Fürchten Sie sich:
19.1 Mir wird angst und bange.
19.2 Mir wird  Angst und bange.
19.3 Mir wird angst und Bange.
19.4 Mir wird Angst und Bange.

20.   Die Hose schließt man mit einem…
20.1 Reißverschluß
20.2 Reissverschluß
20.3 Reissverschluss
20.4 Reißverschluss

Bedenken Sie bei der Auswertung: Zumindest beruflich ist es nicht ganz egal, wie (und was) man schreibt:

„Rechtschreibung spielt für die Personaler eine herausragende Rolle. Bei einem Drittel der Personalverantwortlichen erhält der Bewerber schon bei mehr als einem Fehler in der Bewerbung eine Absage. Enthält das Bewerbungsschreiben mehr als drei Fehler, hat es nur noch bei 30% der Personaler eine Chance. (…)
62 Prozent der Personaler überprüfen die Internetprofile ihrer Bewerber, um über die Bewerbungsunterlagen hinaus an zusätzliche Infos zu gelangen. Am liebsten recherchieren sie dazu bei Xing, gefolgt von Google und Facebook.“
Und was das „Oberlehrer-Klischee“ betrifft, bin ich mir völlig einig mit dem jüngst verstorbenen Hans-Jochen Vogel, dem man ebenfalls mit diesem Attribut bedachte. In einer Bundestagsdebatte sagte er dazu:

„Lieber Oberlehrer als Hilfsschüler!“

Lösungen:
1.1 / 2.3 / 3.2 / 4.2 / 5.4 / 6.1 / 7.1 oder 7.2 / 8.2 / 9.2 / 10.2 / 11.3 / 12.3 / 13.2 / 14.2 / 15.3 / 16.3 / 17.2 / 18: 4 Anführungszeichen, 2 Kommas, 1 Punkt / 19.1 / 20.4

Anregungen holte ich mir hier:
Und zum weiteren Üben:

Mittwoch, 19. August 2020

Ausbildung zum Kompetenz-Deppen


Den Astrophysiker Prof. Harald Lesch kenne ich schon seit seiner Sendereihe „alpha-Centauri“, wo er ab 1998, oft vor einer altmodischen Tafel mit Kreide und Schwamm, berückend einfach Fragen aus seinem Arbeitsgebiet behandelte. Inzwischen wird seine glänzende Fähigkeit, Naturwissenschaften laientauglich zu vermitteln, nicht nur vom Bayerischen Rundfunk, sondern auch von vielen anderen Medien genutzt.

Ich gestehe, die Sendungen von Lesch inzwischen weniger zu verfolgen, da er für meinen Geschmack etwas zu sehr politisiert und sein Tonfall oft dozierend bis dogmatisch ausfällt. Dennoch gehört er mit Recht zu den populärsten Naturwissenschaftlern Deutschlands.
https://de.wikipedia.org/wiki/Harald_Lesch

Kürzlich stolperte ich über ein 10 Minuten-Video von ihm, das mich elektrisierte – betitelt „Unser Schulsystem ist Mist“.

Sichtlich hat er sich über eine Geschichte aufgeregt, die ihm sein bester Freund erzählte, der eine junge Dame bei einem Einstellungsgespräch vor sich hatte und ihr eine einfache Rechenaufgabe stellte, so in der Art von: Eine Ware kostet 49,90 €, und sie bekomme zehn Prozent Rabatt. Wieviel das dann wäre?

Na klar, ein Zehntel, also knapp 5 €. Dann müsste sie fast 45 € löhnen.

Die Kandidatin meinte aber, das müsse sie nicht wissen. Ja, wie sie dann entscheide, ob das Angebot vielleicht günstiger sei als ein anderes. Antwort: „mit dem Bauch“.

Es wäre wohl auch aussichtlos gewesen, die junge Dame nach der Bedeutung des einschlägigen lateinischen Sprichworts zu fragen: „Plenus venter non studet libenter.“ Nö, kann man ja googeln…

Lesch empört sich mächtig darüber: Bei Zahlen dürfe man halt nicht nach dem Bauch entscheiden. Prozentrechnen sollte eben jeder können, der einen Schulabschluss habe – egal welchen. Und zwar ohne Hilfsmittel – einfach im Kopf.

Was sei eigentlich, so der studierte Physiker, inzwischen an den Schulen passiert? Seien die überhaupt noch Bildungseinrichtungen in dem Sinne, dass es zu mehr reiche als dem Funktionieren im Wirtschaftsprozess? Und selbst die Unternehmen würden sich inzwischen beschweren, dass die Schüler heute „gar nix mehr“ könnten!

Anschließend schießt er sich auf den Kompetenzbegriff ein: Man wisse dann nur noch, wo etwas stehe. Selber etwas zu wissen und zu können sei offenbar nicht mehr gefordert.

Warum könne man sich angesichts der immer höheren Lebenserwartung mit der Bildung nicht mehr Zeit lassen, anstatt beispielsweise die Gymnasialdauer um ein Jahr zu verkürzen? Persönlichkeit erfordere doch eine ausreichend lange Reifezeit. An einer guten Schule gehe es vor allem langsam zu.

Spaß und Vergnügen am Lernen seien an den Schulen kaum noch vorhanden. Schüler, Eltern und Lehrer vereine der „dicke Hals“, wenn es um Unterricht gehe.

Warum könne man sich nicht auf einen simplen Kanon einigen, was alle nach der Ausbildung beherrschen müssten: Rechnen, Schreiben, Lesen – und zwar fehlerfrei. Und nicht die „Kompetenz des Lesens“ nach dem Motto: „Ich weiß, wo ich nachgucken müsste, wenn ich lesen wollte“.

Und was die Mathematik betreffe: Es könne doch nicht sein, dass eine Nation, die ihren Wohlstand der Technologie verdanke, in weiten Teilen aus einer Bevölkerung bestehe, die man nur noch als „mathematisches Prekariat“ bezeichnen könne! Immer wieder höre er in Gesprächen, für Mathematik habe man „kein Gefühl“. Warum habe man nicht längst dieses Fach zu einem Bestandteil unserer Kultur erklärt? Schließlich werde kein Haus, kein Auto ohne Kenntnisse dieses Fachs gebaut. Es sei das Bindeglied zwischen Wissenschaft und Technik.

Zu Originalität, Neugier, Fantasie würde an der Schule nicht erzogen. Musik, Sport, Kunst und Theater würden wegrationalisiert, wobei doch gerade diese Fächer die Persönlichkeit bildeten.

Statt Kinder würden Fächer unterrichtet. Man vergesse, dass man Schülern nicht beliebig viele Inhalte ins Hirn prügeln könne. Es koste Zeit, bis Informationen so weit verarbeitet und vernetzt seien, bis daraus Erkenntnis entstünde. Eine gebildete Person wisse, wer sie ist, und könne sich in Raum, Zeit und Kultur einordnen. Und so eben auch andere Kulturen verstehen.

In meinem Buch „Der bitterböse Lehrer-Retter“ habe ich mich schon vor Jahren mit der Unsitte der „Kompetenz-Ideologie“ auseinandergesetzt: „Alles können, aber nix wissen“. Eigene Kenntnisse und Fertigkeiten werden auch in Abituraufgaben durch die Anforderung ersetzt, aus einer Fülle an Material etwas zusammenzuschmieren, das die eigene geistige Leistung weitgehend ersetzt.

Motto: Man muss nichts mehr selber wissen, kann man doch alles googeln!

Ich fürchte, auch die jetzigen geistigen Offenbarungseide von „Corona-Skeptikern“ wären vermeidbar, wenn man noch gelernt hätte, die Seriosität von Quellen zu beurteilen und das Gelesene mit dem bislang aufgebauten Wissen zu vergleichen, es so zu beurteilen. Aber nein, man übernimmt irgendeinen Schmarren eins zu eins.

An der Misere sind natürlich viele Gruppen beteiligt: Klar gefällt es den Eltern, wenn ihnen erklärt wird, korrekte Rechtschreibung sei kein hohes Bildungsziel mehr, höchstens eine Nebensache. Und weichen Sie mal im Unterricht vom Lehrplan ab – der Anwalt irgendwelcher Helikopter-Eltern wird sich freuen!

Originalität, Fantasie oder Risikobereitschaft, wie Lesch sie fordert, stellen in der Lehramtsausbildung geradezu Ausschlusskriterien vom Staatsdienst dar. Man muss einmal das gottähnliche Gebaren von Seminarlehrern erlebt haben, welche die Referendare auf die momentan „richtige“ Methodik dressieren, um zu wissen: Was da nach dem 2. Staatsexamen übrigbleibt, ist angepasst und wartet lieber auf Anweisungen.

Die ganze Lehrerausbildung lebt von falschen Auswahlkriterien. Schon bei der Zulassung zum Studium ist eben der Notendurchschnitt im Abiturzeugnis entscheidend und nicht die Fähigkeit, die ich bei jedem Studienanfänger testen würde: Ob er aus dem Stand einem Laien eine fachliche Tatsache einfach erklären kann. So wie Harald Lesch. Dann hätten wir in den Lehrerzimmern fantasiebegabte Wissens-Motivatoren statt angepasster Lehrplan-Umsetzer.

Ja, „Something is rotten in the state of Denmark“, wie der Physiker Lesch am Anfang seines Videos zitiert und listig fragt: „Von wem ist das?“

Na klar, „Es ist was faul im Staate Dänemark“, Shakespeare, Hamlet, weiß man doch.

Dass es in dem Stück Marcellus nach dem Erscheinen von Hamlets Geist sagt, habe ich allerdings gegoogelt.

Übrigens benötigte Harald Lesch in der Schule Förderunterricht in Mathematik, bis er in der Oberstufe bei einem Fahrradunfall einen Schädelbasisbruch erlitt. Danach galt er in diesem Fach als hochbegabt.
Man sieht also: Ein Schlag auf die Birne kann Geisteskräfte freisetzen!

Hier das ganze Video:


Freitag, 31. Juli 2020

KV – der Nächste!

Von einer über 60-jährigen Lehrkraft (mit Vorerkrankungen) erhielt ich das KMS (Kultusministerielle Schreiben) vom 24.7.2020 – also eine Dienstanweisung aus dem bayerischen Kultusministerium. Der Hintergrund: Der Kollege wollte im kommenden Schuljahr aus Gesundheitsgründen nicht in den Präsenzunterricht.

Da ich dessen Chancen beurteilen sollte, durfte ich mich mit der Sache beschäftigen:



Nun könnte man der Ansicht sein, als über 60-Jähriger gehöre man schon aus Altersgründen zur Corona-Risiko-Fraktion. Nach der aktuellen Statistik der Robert Koch-Instituts steigt die Zahl der Todesfälle an oder mit dem Virus an der 60-er Grenze sprunghaft.  

Zahl der Todesfälle in Deutschland:
50-59 Jahre.: 327
60-69 Jahre: 884
d.h. Anstieg um das 2,7-fache!

Wer unsere Schulbehörden kennt, ahnt schon: Das reicht bei weitem nicht!

Zwar ist zunächst unter Punkt 1 von Lehrkräften die Rede, welche „aufgrund von Schwangerschaft oder bzw. gesundheitlicher Disposition nicht im Präsenzunterricht eingesetzt werden können“. Als alter Obergefreiter ahnt man aber: Das dicke Ende kommt nach – hier unter Ziffer 2 und 3.

Dann also zu Punkt 2:

„Grundsätzlich“, so lesen wir zunächst mit Erstaunen, werde man durch „das Einhalten des Mindestabstands von 1,50 Metern zu den Schülerinnen und Schülern sowie anderen Personen geschützt“. Ja, das kann nur jemand auf die realen Verhältnisse an den Schulen beziehen, der schon viele Jahre nicht mehr an einer solchen war. Aber hierfür steht in Kultusministerien genügend Personal bereit.

Tröstlich ist jedoch:
„Gleichwohl kann in Einzelfällen in Abhängigkeit vom Vorliegen individueller Risikofaktoren der Bedarf bestehen, dem individuellen Schutzbedürfnis von Lehrkräften und sonstigem Personal mit besonderen Maßnahmen zu begegnen.“

Merke aber: Eine wohl etwas großzügigere Regelung für Lehrkräfte über 60 wird nicht fortgesetzt. Und: Auch eine Schwerbehinderung allein ist kein Grund, dem Präsenzunterricht zu entgehen.

Aber es kommt noch dicker:
Die Gefährdung einer Lehrkraft, „die aufgrund ihrer persönlichen Disposition ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf einer Covid-19-Erkrankung trägt“, hat diese natürlich schon mal selber nachzuweisen. Verlangt wird „eine individuelle Risikofaktorenbewertung“ durch die behandelnden Ärzte, welche „Vorschläge zu unterbreiten haben, mit welchen Mitteln dieser (Schutzbedürftigkeit) im Rahmen eines Einsatzes im Präsenzunterricht Rechnung getragen werden könnte.“

Wenn ich es also bis dahin richtig lese: Am Präsenzunterricht führt kaum ein Weg vorbei, die Mediziner sollen nur unterbreiten", wie man den Lehrer in diesem Rahmen vorm Schlimmsten bewahren könnte. Und klar – Ärzte sind Experten auf dem Gebiet von Schulorganisation und Unterrichtsgestaltung…

Da zu einer richtigen Satire auch ein Schuss Zynismus gehört, wird noch angemerkt: Die Lehrer könnten sich ja bei Bedarf noch mit „FFP2-Masken (ohne Ausatemventil)“ sowie einem „Visier“ eindecken – wohl auf eigene Kosten. Tja, früher, im Krieg, bekam man vom Staat wenigstens noch die Waffen gestellt…

Welche Erleichterungen sind für betroffene Kollegen sonst noch denkbar? Auch darüber hat man sich im Kultusministerium Gedanken gemacht:

Die Lehrkraft könne ja „zeitlich versetzt zu den Schülerinnen und Schülern den Raum“ betreten und verlassen sowie „auf das Betreten des Lehrerzimmers“ verzichten. Jawoll, das habe ich in meiner aktiven Dienstzeit schon ohne Corona versucht – nur muss einem dann halt die Schule den Vertretungsplan und die übrigen dienstlichen Bekanntmachungen elektronisch zusenden sowie den Inhalt des Postfachs (in desinfiziertem Umschlag) gelegentlich zuschicken…

Ach ja, und auch Pausenaufsichten sowie Konferenzen könne man eventuell schwänzen. Ein Lichtblick!

Und wenn’s denn gar nicht geht? Nun, dann müsse die Lehrkraft eben eine ärztliche Bescheinigung darüber vorlegen. Wie oft diese als ausreichend bewertet wird, kann man sich nach dem ganzen Vorlauf denken… Man beachte aber: Die gilt längstens 3 Monate, dann muss eine neue her! Sicher – schwere Systemerkrankungen wie Herzschwäche, Lungenkrankheiten, Immunschwäche oder Krebs treten ja bekanntlich eher saisonal auf…

Was man sich staatlicherseits von dem Ganzen erwartet, wird unter Punkt 4 auch offen zugegeben: Die Zahl der „nicht im Präsenzunterricht eingesetzten Lehrkräfte“ werde „deutlich zurückgehen“. Das ist ja Sinn und Zweck dieser Anordnung.

Mir fiel bei der Lektüre dieser Dienstanweisung eine Formulierung ein, von der mir mein Vater erzählte. Als das teure Vaterland Soldaten brauchte – und es leider durch die Verluste immer weniger davon gab, wurde die Musterung allmählich zur Formsache: Man nahm jeden, der nicht bei Drei auf dem Baum war. Nach kurzer Ansicht des nackerten Kandidaten schnarrte der Stabsarzt: „KV, der Nächste!“ KV, also „kriegsverwendungsfähig“ war praktisch jeder.

Ich gestehe, sehr froh zu sein, mich solchen Musterungen – ob früher oder heute – nicht aussetzen zu müssen. Wobei – schrecklicher Gedanke – man vielleicht bei weiterem Personalmangel auf uns Pensionisten zurückgreift? War ja gegen Ende des letzten Krieges auch so…

Nein, da bin ich wild entschlossen: Dem Gestellungsbefehl zum „pädagogischen Volkssturm“ würde ich mich durch Flucht entziehen!

Notfalls sogar nach Argentinien, wegen des Tango. Dort sind derzeit wohl Touristen mit Barausstattung nicht unbeliebt. Die Argentinier haben zudem schon nach der Hitlerzeit nicht an Deutschland ausgeliefert. Und ich könnte ihnen bei der Gelegenheit den Unterschied zwischen Piazzolla und Piazolo erklären!