Mittwoch, 31. Juli 2019

Die Pharisäer erleben den Aufstand


Wieder einmal eine Nachricht, bei der ich das Glück ermessen kann, seit 8 Jahren nicht mehr in dem Bereich arbeiten zu müssen, den man euphemistisch als „Bildungssystem“ bezeichnet:

Am letzten Donnerstag (25.7.19) fand am Gymnasium Starnberg das alljährliche Fest zum Schulschluss statt, zu dem Schüler, Ehemalige, Eltern, Lehrkräfte und Freunde der Schule eingeladen waren. Ebenfalls wie in den letzten Jahren lief am Gehsteig vor der Schule eine Sause von schulfremden Jugendlichen, die ja keinen Einlass erhielten, dafür aber wohl den Alkohol, den es auf der Schulveranstaltung nicht gab.

Einen dort anwesenden 15-Jährigen stach nicht nur der Hafer, sondern auch diverse Suchtmittel, als er versuchte, auf das Schulgelände zu gelangen. Dies verhinderten von der Schule engagierte Wachleute, welche der aufgeweckte Junge dann auch noch fragte, ob er bei ihnen Drogen kaufen könne. Der junge Mann zeigte dabei das branchenübliche Rotzlöffel-Verhalten, worauf man die Polizei holte. Der erging es allerdings auch nicht besser – der Delinquent verhielt sich aggressiv und ignorierte mehrere (!) Platzverweise, worauf er vorläufig festgenommen wurde und in Polizeigewahrsam kam. Praktischerweise liegt die Polizeiwache gegenüber der Schule.

Schon die Sistierung des Jugendlichen versuchten mehrere Kumpane zu verhindern, wobei einer nach dem Kopf eines Polizisten trat, den aber verfehlte. Anschließend rotte sich eine Menge von 50 bis 100 Jugendlichen zusammen und versuchte, das Polizeirevier zu stürmen. Flaschen und Steine flogen, eine Fensterscheibe ging zu Bruch, man versuchte, das Polizeischild abzureißen und die Eingangstür aufzubrechen. Was die Aufrührer anscheinend besonders empörte: Der Festgenommene hatte eine schwarze Hautfarbe – purer Rassismus also!

Zirka 70 (!) Beamte aus den umliegenden Landkreisen wurden zusammengezogen, denen es schließlich gelang, die Situation in den Griff zu bekommen. Es gab mehrere Festnahmen. Inzwischen ermittelt eine Sonderkommission der Kriminalpolizei wegen Landfriedensbruchs, versuchter Gefangenenbefreiung, Angriffs auf Vollstreckungsbeamte und versuchter gefährlicher Körperverletzung.

Ach ja: Der 15-jährige Auslöser der Randale bekam plötzlich Kopfschmerzen, weswegen man ihn ins Krankenhaus einlieferte (dort sind die Betten bequemer) und am nächsten Tag seinen Eltern übergab.

Umgehend beeilte sich natürlich das Gymnasium (nebst Elternbeirat und Stadtverwaltung), die Verantwortung von der Schule wegzuschieben. In einer gemeinsamen Presseerklärung heißt es unter anderem:

„Es ist uns wichtig festzustellen, dass das Schulfest ohne Probleme und harmonisch abgelaufen ist. Schwierigkeiten gab es allerdings bei einer privaten Parallelfeier außerhalb des Schulgeländes im öffentlichen Raum. (…)

Es ist uns wichtig festzustellen, dass weder das Sommerfest des Gymnasiums noch ein Schüler unseres Gymnasiums Anlass für die Eskalation war.

Heute Morgen haben bereits viele Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums den Vorfall sehr bedauert und dies in einem Schreiben an die Polizei zum Ausdruck gebracht. Sie sprechen sich in dem Schreiben ganz im Sinne unserer Schulvereinbarung sowie des Schulprojekts ‚Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage‘ gegen jede Gewalt gegenüber der Polizei aus und machen klar, dass sie hinter der Arbeit der Polizei stehen und sie unterstützen.
Um einer Wiederholung solcher Ereignisse präventiv entgegen zu treten, wird das Gymnasium das Zusammenwirken mit der Polizei suchen, um diese problembehafteten Parallelfeiern im öffentlichen Raum direkt in Schulnähe künftig zu verhindern.“



Ach – siehe da: jetzt auf einmal…

Ein Insider hat natürlich eine ungefähre Ahnung, wie die Chose lief. Das grundliegende Übel dürfte gewesen sein: Bei der Schulfeier musste man sich benehmen, draußen nicht – und nur dort gab es Alkohol (vielleicht sogar Schlimmeres). Wenn man nicht völlig weltfremd und außerhalb des heutigen Bildungssystems beheimatet ist, ahnt man den regen Personalaustausch zwischen beiden Fest-Schauplätzen.

Die Szenerie muss man sich ja auf der Zunge zergehen lassen: Hier der Schulbereich, wo man strengen Sitten und Gebräuchen frönt, einige Meter davor ein besoffener Feier-Mob, und auf der anderen Seite der Straße das Polizeirevier. Und diese Gemengelage kümmerte von den Verantwortlichen seit Jahren keinen – am besten nichts hören, nichts sagen, nichts sehen… Wer dort feiere, wisse man nicht, so der Direktor des Gymnasiums. Ich hätte da einen Tipp für ihn: einfach mal rausgehen und fragen!

Das ist in Promi-Paradiesen wie Starnberg aber nicht die beste Überlebens-Strategie, vor allem auch für Schulleiter. Irgendwelchen Restriktionen (beispielsweise das Verbot für Schüler, an der Feier draußen teilzunehmen) wären bei den Nobel-Eltern wohl katastrophal angekommen. Gerade für Chefarzt-Söhnchen und Rechtsanwalts-Töchterlein ist ja das entstressende und uferlose Ausleben der Libido ein Menschenrecht!

Vielleicht ist es übertrieben, wenn die Münchner Ausgabe der BILD-Zeitung titelte: „Schnösel-Mob greift Polizeiwache an“. Als Satire jedenfalls finde ich die Zeile traumhaft.

Sicher ist jedoch: Man hätte das drohende Ungemach erkennen können, wenn man dies gewollt hätte. Aber offenbar gelten heute volle Hosen als pädagogische Grundkompetenz. „Schule mit Courage" ein guter Witz!

Und das Problem liegt ja noch tiefer: Anscheinend hat man sich heute damit abgefunden, dass Schüler nach den letzten Prüfungen jedes weitere Lernangebot torpedieren. Also wird schon mindestens zwei Wochen vor den Zeugnissen auf Festivitäten gesetzt, um den Mob wenigstens noch mit  Quizspielen und Waffelbacken in Schach zu halten. Noch schlimmer: Pharisäerhaft wird Solches mit Etiketten wie „Gemeinschaftsbildung“ kaschiert.

Muss die Höhere Schule nun unbedingt in Konkurrenz mit den Wirtshäusern treten? Den Lehramtsstudenten jedenfalls sei dringend empfohlen, nebenher noch eine Lehre in der Gastronomie zu absolvieren: Das korrekte Anzapfen eines Bierfasses oder die sachgemäße Zubereitung einer Sauce Hollandaise könnte sich im Berufsalltag als nützlicher erweisen als das öde Faktenlernen in zwei wissenschaftlichen Fächern.

Warum zum Schulschluss eines Gymnasiums nicht einmal eine Festivität, welche dem angeblichen Bildungsanspruch gerecht wird – vielleicht ein Kammerkonzert oder eine griechische Tragödie (in der Originalsprache)? Eines jedenfalls sage ich voraus: Da würde draußen auf dem Bürgersteig dann sicher nicht gesoffen und randaliert!

Weitere Quellen:    
https://theworldnews.net/de-news/starnberg-schuler-mob-attackiert-polizei-ermittler-haben-erste-videos-von-zeugen-erhalten

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